Die fünfte Geschmacksrichtung
Geröstete Grillen schmecken herzhaft, nussig und umami.
Umami ist die fünfte Geschmacksrichtung. Wenn wir süß, salzig, sauer oder bitter hören, haben wir direkt eine Vorstellung wie etwas wohl schmeckt aber umami ist für viele nur eine vage Vorstellung – schmeckt irgendwie würzig, herzhaft, deftig.
Während die anderen vier Geschmacksrichtungen schon in der Antike bekannt waren, blieb umami lange unentdeckt und hat deshalb noch einiges aufzuholen.
Heute wollen wir uns dieser Geschmacksrichtung widmen.
Das Wort umami ist japanisch und bedeutet schmackhaft, köstlich. Bereits anfang des 20. Jahrhunderts gab es erste Berichte einer fünften Geschmacksrichtung. Entdeckt wurde sie von dem japanischen Chemiker Kikunae Ikeda, der Legende nach, als er ein Dashi, eine Brühe aus Komu-Algen aß. Kikunae Ikeda hatte zuvor einige Jahre in Deutschland gelebt und dort für ihn bisher unbekannte Lebensmittel wie Tomaten oder Spargel gegessen. Während er nun seine Dashi aß bemerkte er einen Geschmack, weder salzig noch bitter noch süß noch sauer. Es erinnerte ihn an etwas, was er auch in den Tomaten und im Spargel geschmeckt hatte. Da es keiner der bekannten Geschmacksrichtungen zuzuordnen war musste es ein fünfter Geschmack sein. Er nannte ihn wie er ihn fand: köstlich – umami.
Kikunae Ikeda begann im Labor zu experimentieren und gewann ein Jahr später, im Jahr 1908 Glutamat aus der Kombu-Alge. Glutamat ist das Salz der Glutaminsäure. Sie zählt zu den Aminosäuren und ist damit Baustein aller Proteine.
Trotz dieser Entdeckung dauerte es noch fast 100 Jahre bis umami offiziell anerkannt und benannt wurde. Wie konnte es dazu kommen?
Wenn Käse reift und Tomaten in der Sonne trocknen
Umami ist viel subtiler als die anderen Geschmacksrichtungen und es hat keine eindeutige Entsprechung in der Natur. Der typische Umami-Geschmack entfaltet sich erst beim Kochen, Trocknen oder Gären. Er entsteht wenn Käse reift, Tomaten in der Sonne trocknen oder Fleisch gegart wird.
Durch diesen Prozess zerfallen die in der Nahrung enthaltenen Proteine, wodurch die Aminosäuren freigesetzt werden. Erst dann sind die Moleküle klein genug um an unseren Geschmacksrezeptoren anzudocken und wir schmecken umami.
Umami in der Sterne-Küche, Glutamat in Fertiggerichten
Während in der Sterne-Küche mit in Lakritz, eingelegten Algen, vergorenen Grillen und Sojasoßeneis experimentiert wird, um den vollmundigen Umami-Geschmack in Gerichte zu integrieren, genießt Glutamat keinen besonders guten Ruf.
Die Essenz, welche Kikunae Ikeda 1908 aus der Dashi Alge extrahierte, verbreitete sich schnell und wurde als Mononatriumglutamat auf der ganzen Welt verkauft. Statt als exquisite Zutat wurde es meist in Fertiggerichten eingesetzt und erhielt einen schlechten, sogar gesundheitsschädlichen Ruf.
Negative gesundheitliche Auswirkungen konnten wissenschaftlich aber nicht festgestellt werden. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung nehmen Europäer täglich acht bis zwölf Gramm Glutamat zu sich.
Ganz sachlich betrachtet ist Umami der herzhafte Geschmack hydrolysierter Proteine. Ob diese in der Sterne-Küche oder im Labor erzeugt wurden ist wahrscheinlich insbesondere unter kulinarischen Gesichtspunkten relevant.
Denn »Für die Funktion eines Stoffes beim Kochen und dessen Wirkung im Organismus ist es vollkommen unerheblich, wie er hergestellt wird, wenn seine Moleküle identisch sind«, schreibt Thomas Vilgis, Professor für Physik am Max-Planck-Institut in Mainz und Vorstand der Deutschen Akademie für Kulinaristik.
Außerdem enthält die wohl ursprünglichste menschliche Nahrungsquelle der Welt besonders viel Glutamat: Muttermilch. Während Kuhmilch nur zwei Milligramm pro 100 Milliliter enthält, sind es in der menschlichen Muttermilch mehr als zehn Mal so viel.
Umami ist köstlich und mit Insekten auf dem Speiseplan eröffnet sich ein neues spannendes Forschungsfeld verheißungsvoller Geschmackskreationen. Wir freuen uns Teil davon zu sein.